Beschluß 9 L 179/96

9 L 179/96
Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht

Beschluß

In der Verwaltungsrechtssache
des XXX
XXXXXXX, 29643 Neuenkirchen,
-Klägers-
-Berufungsklägers-
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt xxxxxxxxxxxxx

gegen

die Gemeinde Neuenkirchen,
Hauptstrasse 1-3, 29643 Neuenkirchen,
-Beklagte-
-Berufungsbeklagte-
Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte Hennings und andere, Gellertstraße 6, 30175 Hannover,

Streitgegenstand:

Kanalbaubeitrag

Der 9. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat am 3. April beschlossen:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3.Kammer des Verwaltungsgerichts Lüneburg vom 5.September 1995 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens; insoweit ist der Beschluß vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf xxxxx,- DM festgesetzt.
G r ü n d e

I.

Der Kläger ist Eigentümer eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks in der Gemarkung xxxxxxx (Flurstück xxxxx der Flur x). Im Jahre 1992 stellte die Beklagte die zentrale Schmutzwasserkanalisation vor dem 20.638 m2 großen Grundstück des Klägers betriebsfertig her. Sie zog ihn auf der Grundlage ihrer Abwasserbeseitigungssatzung vom 28. November 1988 idF der 1. Änderungssatzung vom 14. Juli 1994 und der 2. Änderungsatzung vom 20. Juni 1995 sowie auf der Grundlage ihrer Schmutzwasserabgabensatzung vom 14. Juli 1994 idF vom 20. Juni 1995 zu einem Kanalbaubeitrag von 23.688,- DM heran. Dabei legte sie in Anwendung der 50 m-Tiefenbegrenzung eine beitragspflichtige Grundstücksfläche von 3.948 m2 und einen Beitragssatz von 24,- DM pro m2 zugrunde.

Der Kläger hat gegen seine Heranziehung in Höhe von 23.688,- DM Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage insoweit mit dem angefochtenen Urteil vom 5.September 1995 als unbegründet abgewiesen. Hiergegen führt der Kläger mit im wesentlichen folgender Begründung Berufung:

Es sei Justizverweigerung und Rechtsbeugung, daß die Entscheidung der Beklagten für oder gegen eine bestimmte Form der Abwasserbeseitigung nur auf Willkür überprüft werde. Die Justiz dürfe nicht zulassen, daß die Gemeinden sich willkürlich nicht für eine dezentrale Entsorgung entschieden, obwohl diese als billigere und ökologisch bessere Alternative zu zentralen Schmutzwasserbeseitigungensanlagen anzusehen sei. Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit seien in den Kommunalordnungen, insbesondere durch ç 10 der Gemeindehaushaltsverordnung, als Mußvorschriften normiert. Da die Beklagte die öffentliche Einrichtung Abwasserbeseitigung nicht rechtmäßig gebildet habe, sei eine Beitragserhebung ausgeschlossen. Die Entscheidung für die Einführung der zentralen Abwasserbeseitigung sei für das Gebiet, in dem er, der Kläger wohne, rechtswidrig. Mit der Wahl dieser teureren und ökologisch schlechteren Entsorgungsform verstoße die Beklagte gegen ç 8 Nr. 2 NGO. Nach der Novellierung des ç 149 Abs. 4 NGO durch das 9. Änderungsgesetz könne die Beklagte nicht mehr argumentieren, daß sie von der Abwasserbeseitigungspflicht nicht freigestellt sei und zentralen Entsorgungseinrichtungen eine Präferenz zukomme. Die Beklagte habe nicht geprüft, weshalb die konkret hier in Rede stehende zentrale Entsorgungsalternative vereinbar sei mit ç 8 Nr. 2 NGO. Die niedersächsischen Gemeinden hätten sich auch vor der Novellierung des ç 149 Abs. 4 NWG ohne eine Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht für eine dezentrale Entsorgung entscheiden können. Eine zentrale Entsorgung dürfe bei vor der Gebietsreform selbständigen Ortsteilen nur eingeführt werden, wenn feststehe, daß es billigere und bessere Entsorgungsformen nicht gebe.

Die Kalkulation leide daran, daß die Neuanschließer gegenüber den bereits Angeschlossenen benachteiligt würden. Die Neuanschließer würden kalkulatorisch so behandelt, als gebe es eine neue und selbständige öffentliche Einrichtung. Die Kosten für die Ausweitung der Schmutzwasserbeseitigungensanlage müßten allen von der öffentlichen Einrichtung bevorteilten Zeitgenossen auferlegt werden. Die bei der Globalberechnung heranzuziehenden Flächen seien nicht zutreffend ermittelt worden, weil der Anschluß der Ortschaften Tewel, Schwalingen und Grauen aus juristischen und politischen Gründen fraglich sei und Baubeschränkungen nicht berücksichtigt worden seien. Außerdem sei bei der Globalberechnung eine Einwohnergleichwertzahl von 9.500 zugrundegelegt worden, obwohl nur 5.300 Einwohner vorhanden seien; dadurch sei eine überkapazität geschaffen worden.

Es sei nicht nachvollziehbar, daß bei der Beitragsberechnung selbst lärmende Abwasserpumpen oder naturschutzrechtlich geschützte Hochweiden berücksichtigt würden. Es werde so getan, als ob auch Naturschutzgebiete von der Vorteilswirkung des Kanals erfaßt würden. Wegen eines alten Eichenbestandes auf einer Fläche von 2.000 m2 fehle dem streitbefangenen Grundstück die „Bebauungscharakteristik“. Es müsse Beweis darüber erhoben werden, in welchem Umfang das Grundstück des Klägers als bebaubar angesehen werden könne, wenn naturschutzrechtliche Belange berücksichtigt würden. Bei der Beitragsberechnung müsse die „normalerweise zur Verfügung stehende Grundstücksfläche“ verglichen werden mit der „konkret darauf zulässigen Bebauung“. Werde eine bestimmte Grundstücksfläche von der Bebaubarkeit ausgespart, könne sich „jede Form von konkreter Bebauungsplanung“ nur auf die Restgrundstücksfläche beziehen. Es sei abwegig, einem Landwirt zu sagen, sein Grund und Boden sei umwandelbar in Bauland. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb nicht auf die tatsächlich ausgeübte Nutzung abgestellt werde.

Bei dem ausschließlich landwirtschaftlich genutzten Grundstück des Klägers sei nicht erkennbar, daß sich der Gebrauchs- und Nutzungswert des Grundstücks erhöht habe. Eine solche Erhöhung lasse sich nach der Novellierung des ç 18 a WHG nicht schon aus der Tatsache herleiten, daß überhaupt ein Kanal verlegt worden sei. Das auf landwirtschaftlichen Betriebsgeländen anfallende häusliche Abwasser unterliege nach ç 148 Abs. 3 NWG nicht der Abwasserbeseitigungspflicht der Gemeinde, so daß ç 8 Nr.2 NGO nicht angewendet und eine Beitragspflicht nicht begründet werden könne. Auch liege die Ausübung des Bestimmungsrechts im Sinne von ç 148 Abs. 3 NWG nicht beim Satzungsgeber oder beim Gericht, sondern beim „landwirtschaftlichen Grundstückseigentümer“. Er, der Kläger, bringe sein häusliches Abwasser zusammen mit Gülle auf sein landwirtschaftlich genutztes Grundstück auf.

II.

über die Berufung konnte nach vorheriger Anhörung der Beteiligten durch Beschluß entschieden werden, weil der Senat die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (vgl. ç 130 a VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen, weil die Festsetzung eines Kanalbaubeitrags in Höhe von xxxx DM rechtlich nicht zu beanstanden ist. Das Berufungsvorbringen des Klägers vermag eine für ihn günstigere Entscheidung nicht zu rechtfertigen:

Die Erhebung eines Kanalbaubeitrags setzt voraus, daß die abwasserbeseitigungspflichtige Gemeinde dasjenige, was zur öffentlichen Einrichtung Abwasserbeseitigung gehören soll, in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgelegt hat. Die Gemeinde muß über ein Abwasserbeseitigungskonzept verfügen, das den verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere dem Willkürverbot sowie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, Rechnung trägt und den Anforderungen des Niedersächsischen Wassergesetzes (NWG) genügt. Diese Voraussetzngen sind im vorliegenden Fall erfüllt:

Die Beklagte hat sich in vertretbarer Weise dafür entschieden, auch die Ortschaft Brochdorf über zentrale Schmutzwasserkanäle zu entsorgen. Ihrer Entscheidungsfindung lag eine umfassende Abwägung des Für und Wider von zentraler und dezentraler Entsorgung im Gemeindegebiet zugrunde. Dies belegt auch die vorliegende „Studie zur überprüfung der Abwasserrahmenplanung und Erarbeitung von Varianten zur dezentralen Entsorgung der Ortschaften Tewel, Schwalingen und Grauen“. Darin werden Vor- und Nachteile einer zentralen oder dezentralen Entsorgung der einzelnen Gemeindeteile in außerordentlich gründlicher Weise gegeneinander abgewogen. Ob die Beklagte anhand der Studien letztlich zur besten Lösung gelangt ist, ist im Klage- und Berufungsverfahren nicht zu klären. Denn was die „bessere“ Lösung für eine Gemeinde ist, muß in deren politischen Gremien entschieden werden und ist der Beurteilung durch die Gerichte – abgesehen von den genannten äußersten Grenzen – entzogen. Nicht die Verwaltungsgerichte, sondern die Gemeinden befinden nach pflichtgemäßem Ermessen über die Art und Weise der Abwasserbeseitigung. Die Aufgaben, die die Gemeinden dabei zu erfüllen haben, gehören zu ihrem Wirkungskreis (vgl. ç 149 Abs. 1 Satz 2 NWG). Die sich insoweit häufig stellende Frage, in welchem Umfang eine Schmutzwasserbeseitigung über zentrale Kanäle erfolgen soll, ist vielfach verschiedenen Lösungsmöglichkeiten zugänglich und kann regelmäßig nur im Wege der Ermessensausübung von den dazu berufenen Entscheidungsträgern auf kommunaler Ebene beantwortet werden. Die Mehrheit des – die Gemeindebürger repräsentierenden – Gemeinde Rates hat sich im hier zu beurteilenden Fall eindeutig für das von der Beklagten durchgeführte Konzept entschieden. Daran ist auch die vom Prozeßbevollmächtigten des Klägers vertretene Minderheit gebunden. Wenn sie im ländlichen Bereich eine dezentrale Abwasserbeseitigung durchsetzen will, so muß sie dies bei den Entscheidungsträgern auf kommunaler Ebene versuchen. Die Verwaltungsgerichte sind nicht der richtige Adressat für ihre Forderungen. Insbesondere wäre es auch mit Art. 20 GG unvereinbar, die in einem demokratischen und rechtsstaatlichen Verfahren gefundene Mehrheitsentscheidung zu ersetzen durch eine den Zielvorstellungen der Minderheit entsprechenden Gerichtsentscheidung. Dies gilt vorliegend sogar in besonderem Maße, weil nicht nur im Gebiet der Beklagten, sondern landesweit die deutlich überwiegende Bevölkerungsmehrheit – insbesondere im Interesse einer problemlosen Abwasserbeseitigung – für den Anschluß an zentrale Kanäle ist, während der Kläger einer zwar durch Interessenverbände tatkräftig vertretenen, zahlenmäßig aber eher unbedeutenden Minderheit angehört, die sich einseitig für die Bevorzugung von Kleinkläranlagen ausspricht. Die von dieser Minderheit gewünschte Wahlfreiheit zwischen zentraler und dezentraler Entsorgung besteht nach Rechtslage in Niedersachsen gerade nicht. Dies ist auch sinnvoll und geboten, weil ein mehrheitlich beschlossene und erforderliche Verlegung von Kanälen aus finanziellen Gründen nicht mehr durchsetzbar wäre, wenn jeder Grundstückeigentümer frei darüber befinden könnte, ob er sich an der Refinanzierung der Kanäle beteiligt oder eine eigene und möglichst billige Form der Abwasserbeseitigung, die u. U. nicht einmal den modernen Anforderungen entspricht, wählt.

Eine Korrektur der auf politischer Ebene getroffenen Ermessensentscheidung kann – wie bereits angesprochen – durch die Verwaltungsgerichte allenfalls erfolgen, wenn die Grenzen einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung überschritten, insbesondere das Willkürverbot, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz oder der Anwendungsbereich einfach-gesetzlicher Normen mißachtet worden sind. Hiervon kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Vielmehr sprechen für die Entscheidung der Beklagten, derzufolge sie die Abwasserbeseitigung in ihrem Gemeindegebiet überwiegend mittels zentraler Kanäle durchführen will, sachliche Gründe, die ein öffentliches Bedürfnis im Sinne von ç 8 Nr. 2 NGO für die Durchsetzung des Anschluß- und Benutzungszwangs belegen. So durfte sich die Beklagte Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre ohne nähere Begründung für die herkömmliche, modernen Anforderungen genügenden Abwasserbeseitigung über zentrale Kanäle und damit für eine Entsorgungsform entscheiden, der seinerzeit eine gewisse Priorität gegenüber der dezentralen Entsorgung zukam und deren Eignung zur schadlosen Abwasserbeseitigung nicht ernsthaft bezweifelt werden kann. Mit dieser Entscheidung für eine zentrale Entsorgung hat sie zugleich – was ebenfalls im öffentlichen Interesse liegt – die Gefahren ausgeschlossen, die typischerweise mit einer dezentralen Entsorgung einhergehen, weil bei ihr Ort, Zeit und Art der Abwasserbeseitigung dem Einzelnen überlassen bleiben. Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (vgl. ç 82 Abs. 2 NGO) hat die Beklagte mit ihrer Entscheidung für eine zentrale Abwasserbeseitigung nicht verletzt. Sie fordern, daß Ausgaben für die Abwasserbeseitigung durch Beiträge – wie hier vom Kläger erhoben – gedeckt werden (vgl. ç 83 Abs. 2 NGO). Sie verlangen indessen nicht, daß die Gemeinden bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben immer die für den Bürger billigste Lösung wählen. Dies folgt bereits daraus, daß die çç 82 ff. NGO auf die Gemeindehaushaltswirtschaft betreffen und nicht Regelungen zugunsten derer enthalten, die in Befolgung von ç 83 Abs. 2 NGO auf die Zahlung von Beiträgen in Anspruch genommen werden. Sofern Belastungen des Bürgers mit Beiträgen in Rede stehen, kann allenfalls der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz berührt sein. Letzteres ist vorliegend indessen nicht der Fall. Ein Beitrag in Höhe von xxxx DM liegt deutlich im Rahmen des Angemessenen, wenn man berücksichtigt, daß der Kläger nunmehr sein Abwasser problemlos und schadlos über Kanäle beseitigen kann und sein Grundstück durch den Kanal zu erschlossenem Bauland geworden ist. Dies gilt um so mehr, als die Errichtung eines dezentralen modernen Anforderungen genügenden Abwasserbeseitigung in etwa gleichen dürften. Daß der Kläger sein häusliches Abwasser bisher (anscheinend) verbotswidrig auf sein Grundstück aufgebracht hat, ist eine Frage der ordnungsbehördlichen und strafrechtlichen überprüfung, kann aber nicht dazu führen, die Kosten für eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung in Relation zu setzen zu den Kosten bei einem verbotenen Verhalten.

Verfehlt ist auch die Annahme des Klägers, daß sich die Novellierung des ç 149 Abs. 4 NWG zu Lasten der Beklagten auswirke. Derartige Folgerungen lassen unberücksichtigt, daß die hier in Rede stehenden Maßnahmen (Entscheidung für zentrale Kanäle in Brochdorf und deren Herstellung im Jahre 1992) lange vor der Novellierung des ç 149 Abs. 4 durch das am 24. November 1995 in Kraft getretene 9. änderungsgesetz zum NWG erfogt sind und ihre Rechtmäßigkeit naturgemäß nicht durch spätere Gesetze, die keine Rückwirkung haben, in Frage gestellt wird. Hinzu kommt, daß ç 149 Abs. 4 NWG n. F. nicht einmal in seinem zeitlichen Geltungsbereich dazu verpflichtet, bestehende Satzungen für die Zukunft an die novellierte Regelung anzupassen. Im übrigen verkennt der Kläger Inhalt und Tragweite des novellierten ç 149 Abs. 4 NWG. Auch nach seinem Inkrafttreten können die abwasserbeseitigungspflichtigen Gemeinden im Rahmen des ç 8 Nr.2 NGO den Anschluß- und Benutzungszwang in bezug auf die zentrale Schmutzwasserkanalisation vorsehen. Die vom Kläger befürwortete Wahlfreiheit des Grundstückseigentümers zwischen zentraler und dezentraler Entsorgung besteht weiterhin gerade nicht und ist auch nicht sinnvoll, wie bereits dargelegt wurde.

Die – weitgehend unsubstantiierten – Einwände des Klägers gegen die dem Beitragssatz von 24,- DM pro m2 zugrundeliegende Kalkulation müssen ebenfalls erfolglos bleiben. Daß die Kalkulation bei Bedarf fortgeschrieben und dabei ggf. von einem veränderten Bild der öffentlichen Einrichtung ausgegangen wird, ist in der Natur der Sache begründet. Die Forderung des Klägers, daß für weitere Herstellungsmaßnahmen auch die Altangeschlossenen nochmals zahlen müßten, widerspricht dem Grundsatz der Einmaligkeit der Beitragserhebung. Der Ermittlung der zukünftigen Einwohnerzahl und der voraussichtlichen Beitragsfläche müssen – da die genaue Entwicklung in der Zukunft nie genau absehbar ist – notwendigerweise Prognosen, Erwartungen und Wertungen zugrunde liegen; daß die Beklagte diesen erweiterten Einschätzungsspielraum überschritten haben könnte, wird vom Kläger nicht subtantiiert vorgetragen und ist auch nicht ersichtlich. Da die Beitragfläche bei der Kalkulation nicht metergenau bestimmt werden muß, sondern gewisse Pauschalierungen zulässig sind, kann dahingestellt bleiben, ob – wie der Kläger meint – Bau- beschränkungen auf einzelnen Grundstücken nicht zutreffend berücksichtigt worden sind.

Der vom Kläger gewünschten Beweiserhebung bedarf es nicht. Denn die aufgeworfene Frage, in welchem Umfang sein Grundstück bei Berücksichtigung naturschutzrechtlicher Belange bebaubar sei, läßt sich ohne weiteres in dem Sinne beantworten, daß beim Grundstück des Klägers die gesamte innerhalb der Tiefenbergrenzung liegende Fläche von 3.948 m2 Baulandqualität hat: Zum einen liegt der vom Kläger angeführte alte Eichenbestand zumindest ganz überwiegend außerhalb der der Beitragsberechnung zugrundegelegten Fläche, so daß er schon von daher nicht zu einer Minderung der Beitragsfläche führen kann. Ferner setzt die Annahme, 3.948 m2 hätten im beitragsrechtlichen Sinn Baulandqualität, nicht voraus, daß alle 3.948 m2 bebaubar sind. Vielmehr dürfen Grundstücke – abgesehen von solchen in Kerngebieten – nie in vollem Umfang bebaut werden (vgl. ç 17 BauNVO). Daß sie beitragsrechtlich dennoch in vollem Umfang berücksichtigt werden, ist deshalb gerechtfertigt, weil bei der Ermittlung der zulässigen Grundfläche, also des Umfangs der Bebaubarkeit, von der gesamten im Bauland gelegenen Fläche auszugehen ist (vgl. ç 19 Abs. 3 BauNVO) und auch die – z.B. aus naturschutzrechtlichen Gründen – nicht überbaubaren Flächen einer privaten Nutzung, die der Nutzung zu Wohnzwecken zuzuordnen ist, (z.B. als Garten) zugänglich sind. Die Forderung des Klägers, auf die tatsächliche Nutzung abzustellen, ist nicht realisierbar, weil die tatsächliche Nutzung mehr oder weniger zufällig bloß den augenblicklichen Zustand wiedergibt, während die Beitragserhebung an einen dauerhaften Vorteil anknüpft. Das Abstellen des Klägers auf die „Umwandelbarkeit in Bauland“ liegt neben der Sache, weil sein Grundstück innerhalb der Tiefenbergrenzung bereits Baulandqualität hat und es einer „Umwandlung“ daher nicht mehr bedarf. Nach alledem ist nicht feststellbar, daß zu Lasten des Klägers eine zu große Beitragsfläche berücksichtigt worden ist. Nach Aktenlage liegt es im Gegenteil nahe, daß die Beklagte zugunsten des Klägers seiner Heranziehung eine zu kleine Beitragsfläche zugrundegelegt hat, weil die Grenzziehung unmittelbar unterhalb des Gebäudes auf dem Flurstück xxxx nicht nachvollziehbar erscheint.

Der Kläger macht schließlich zu Unrecht geltend, der Gebrauchs- und Nutzungswert seines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks habe sich nicht erhöht. Der Sondervorteil, der die Beitragserhebung nach ç 6 Abs. 1 NKAG rechtfertigt, liegt darin, daß vor dem Grundstück des Klägers ein Kanal betriebsfertig hergestellt worden ist und der Kläger fortan die Möglichkeit hat, sein häusliches Abwasser problemlos und schadlos in den Kanal einzuleiten. Sein Grundstück hat daher einen beitragsrelevanten Vorteil gegenüber Grundstücken, die sich nicht in einer vergleichbaren Situation befinden. An diesem durch die Existenz des Kanals vermittelten Vorteil vermag die Regelung in ç 18 a WHG schon deshalb nichts zu ändern, weil der konkret entstandene Vorteil dadurch, daß auch andere Formen der Abwasserbeseitigung gesetzlich anerkannt sind, nicht berührt wird. Die Annahme des Klägers, das auf landwirtschaftlichen Hofstellen anfallende häusliche Abwasser unterliege nicht der gemeindlichen Abwasserbeseitigungspflicht, ist unvereinbar mit ç 148 Abs. 3 NWG. Denn nach dieser Vorschrift ist – neben Jauche und Gülle – nur das „durch landwirtschaftlichen Gebrauch entstandene Abwasser“, wozu das häusliche Abwasser erkennbar nicht zählt, von der gemeindlichen Beseitigungspflicht ausgenommen. Wer das Bestimmungsrecht im Sinne von ç 148 Abs. 3 NWG hat, ist insoweit unerheblich, weil es schon an der Grundvoraussetzung fehlt, daß das Abwasser „durch landwirtschaftlichen Gebrauch entstanden“ sein muß. Daß der Kläger sein häusliches Abwasser angeblich gemeinsam mit Gülle auf sein Grundstück aufbringt, stellt eine bereits seit langem unzulässige Form der Abwasserbeseitigung dar (vgl. z.B. Urt. d. erk. Sen. v. 22.1.1997, 9 L 4525/95, und v. 29.11.1996, 9 L 4310/95; Urt. d. erk. Gerichts v. 8.9.1988, 3 OVG A 390/86, dng 1989, 230; VG Lüneburg, Gerichtsbescheid v. 9.5.1995, 3 A 152/93).

Die Kostenentscheidung folgt aus ç 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die voläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus ç 167 VwGO iVm ç 708 Nr. 10 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision (vgl. ç 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht ersichtlich. Die – gemäß ç 25 Abs. 3 Satz 2 GKG unanfechtbare – Festsetzung des Streitwerts fogt aus ç 13 Abs. 2 GKG.

Rechtsmittelbelehrung

Die Nichtzulassung der Revision kann innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, Uelzener Straße 40, 21335 Lüneburg, oder Postfach 2371, 21313 Lüneburg, durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde muß den angefochtenen Beschluß bezeichnen. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltunggericht einzureichen. In der Begründung der Beschwerde muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der der Beschluß abweicht, oder der Verfahrensmängel bezeichnet werden. Der Beschwerdeführer muß sich durch einen Rechtsanwalt oder durch einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit der Befähigung zum Richteramt vertreten lassen.

Dr. Hamann Dr.Claaßen Dr.Frentz